Montagebericht: Grumman "Widgeon"
von Johann Prachinger, August 2021   zurück zur Übersicht
Bausatzhersteller: Flite Test Fertigungsgrad: ARF

 
Widgeon - Foto 01

Der Hersteller Flite Test aus Minerva, Ohio dürfte den meisten von uns als Produzent von recht simpel gestrickten Flugmodellbausätzen aus lasergeschnittenem Foam Board bekannt sein.

Auch der Verzicht auf gedruckte Anleitungen und der Einsatz von YouTube-Erklärvideos sind ein markantes Erkennungsmerkmal dieser Firma. Das Portfolio wurde nun aber um geschäumte ARF-Bausätze in Scale-Optik erweitert.

Das als "receiver ready" angebotene Flugboot Grumman Widgeon G44 gehört in diese Kategorie und kann mit einigen innovativen Detaillösungen aufwarten.


 
Als großer Fan von mehrmotorigen Flugbooten konnte ich mich somit sehr schnell für dieses 120 cm spannende Modell begeistern und orderte ein Exemplar.

Die Widgeon wird - vermutlich aus Gewichts- und Kostengründen - mit einteiliger Tragfläche geliefert und kommt deswegen in einem recht großen Karton (127 x 39 x 35 cm).

Alle Teile sind sorgfältig in Plastikfolie verpackt und zusätzlich mit Styroporteilen im Karton fixiert. Erstaunlicherweise liegt diesem Modell sogar eine gedruckte Anleitung (in Englisch) bei.
Widgeon - Foto 02

 
Widgeon - Foto 03

Diese Anleitung beschreibt anhand zahlreicher Fotos alle Montagestufen und gibt Empfehlungen für Schwerpunktlage und Ruderausschläge.

Wer zu faul zum Lesen ist, sieht sich einfach die Schritt-für-Schritt-Anleitung auf YouTube an.

 

Die beiden 30A Drehzahlsteller sind bereits für das Modell vorprogrammiert, wer selbst Parameter ändern möchte kann hier eine Anleitung downloaden: LINK


 

Das in Blau-Silber gehaltene Flugboot beeindruckt durch eine aufwändig gestaltete Oberfläche mit Nieten und Sicken.

Erwähnenswert ist auch, dass zur Montage dieses Flugboots kein Klebstoff benötigt wird:

So werden die Höhenleitwerkshälften in den Rumpf eingeschoben und von kleinen Magneten gehalten, der Tragflügel wird vorne durch zwei Kunststoffdübel und hinten von zwei um 90 Grad zu verdrehenden Kunststoffbolzen gehalten.

Widgeon - Foto 04

 
Widgeon - Foto 05

Die Stützschwimmer werden nur in die Fläche gesteckt und benötigen keinerlei weitere Arretierung.

Auch das mitgelieferte, optional zu verwendende Räderfahrwerk wird nur in zwei kleine Ausnehmungen am Rumpf gesteckt.


 

Selbst der Zugang zu den Motoren ist unkompliziert: Die Oberschale der Motorgondeln wird von 3 kleinen Magneten gehalten und kann mit einem Handgriff abgenommen werden.

Lediglich das am Seitenruder wahlweise zu montierende Wasserruder (für eine 2-Mot, welch Fauxpas!) oder Spornrad (bei Landbetrieb) wird durch 2 kleine Schräubchen gehalten.

Bei meinem Modell sind leider Tragfläche und Höhenleitwerk nicht exakt waagrecht zueinender ausgerichtet - bei einem einzuklebenden Leitwerk hätte man das noch selbst korrigieren können.

Widgeon - Foto 06

 
Widgeon - Foto 07

Ganz besonders hinweisen möchte ich jedoch auf die vom Hersteller nur gesteckten und nicht verklebten Ruderhörner (vielleicht nur bei meinem Modell, vielleicht aber auch bei der ganzen Serie?).

Richtig fest saß das Ruderhorn nur bei einer einzigen Ruderklappe, bei allen anderen waren die Ruderhörner nur lose eingesteckt und und die Gegenplatte locker draufgeklemmt.

Das verursachte an den Ruderblättern ein gewaltiges Spiel, welches möglicherweise schon beim Erstflug zu einem unrühmlichen Ende des Modells führen könnte.


 
Erst nachdem ich alle Ruderhörner mit Sekundenkleber eingeklebt und auch die Gegenplatten mit Sekundenkleber gesichtert hatte, konnte ich mich über spielfreie Anlenkungen freuen.

Im vorderen Rumpfbereich gibt es in der Mitte eine Art Steg aus Schaumstoff, damit sitzen Empfänger und Flugakku an erhöhter Position und bleiben trocken falls sich mal etwas Wasser im Rumpfboden ansammelt.

Da ich keine auf Akkus geklebten Klettbänder mag, habe ich aus 6 mm Depron eine kleine Akkubox gebastelt. In diese wird der 3S 1800er Lipo eingelegt und durch ein nicht verklebtes Klettband gesichert.

Widgeon - Foto 08

 
Widgeon - Foto 09

Der großzügig bemessene Akkuschachtdeckel im Rumpfbug wird vorne durch eine Schaumnase und hinten durch einen Magneten gehalten.

Damit man diesen Deckel nicht verlieren kann, habe ich aus Sperrholzresten zwei kleine Ösen angefertigt, eine in den Deckel und eine innen an die Rumpfwand geklebt und beide mit einem Bindfaden verknotet.


 

Ein Blick auf die hintere Flächenhalterung:

In die beiden Styroklötze greifen die von außen durch die Rumpfseitenwand gesteckten Bolzen ein.

Keine Angst, die Klötze haben eine robuste Verstärkung aus Kunststoff eingearbeitet.

Widgeon - Foto 10

 
Widgeon - Foto 11

Hier kann man die erhöhte Position des Empfängers erkennen. Dies soll ihn gegen im Rumpfboden eventuell angesammeltes Wasser schützen.

Mit einem 6-Kanal Empfänger kann man schon beide Motoren differenziert ansteuern und auch die Beleuchtung über Funk schaltbar machen. Dazu benötigt man dann noch ein Schaltmodul wie z.B. dieses von Hobby King: LINK


 
Blick auf die ungewöhnlich gut zugänglichen Brushlessmotoren. Beide zusammen ziehen bei Vollgas ca 20 Ampere.

Die Drehzahlsteller sitzen bei diesem Modell in den Motorgondeln und sind serienmäßig durch ein Y-Kabel gekoppelt. Dies wurde jedoch von mir entfernt und durch zwei Servoverlängerungen ersetzt.

Wie bereits erwähnt hat der Hersteller ein am Seitenruder zu montierendes Wasserruder beigelegt.

An einem mehrmotorigen Flugboote hat so ein Teil meiner Ansicht nach nichts zu suchen und wanderte unverzüglich zu den übrigen gut gemeinten Wasserrudern in die Restekiste.

Widgeon - Foto 12

 
Widgeon - Foto 13

Wer als Wasserflugpilot nicht gerade einen Retro- oder Antiksender einsetzt, wird sich hier der wesentlich effektiveren differenzierten Motordrehzahlsteuerung bedienen.

Man benötigt dazu lediglich einen weiteren freien Kanal am Empfänger für den zweiten Motor.

Senderseitig werden noch drei frei programmierbare Mischer und ein frei zuordbarer Schalter gebraucht.

Nachfolgend eine Kurzanleitung für die Senderprogrammierung:


 

Als ersten Schritt mischt man den Kanal des linken Drehzahlstellers (als "Slave") mit dem Kanal des Seitenruders (als "Master").


Am besten bei ca 50% Mischanteil beginnen und später am Wasser nach persönlichem Geschmack nachjustieren (60 % in meinem Fall, siehe Foto).


Einen am Sender leicht greifbaren Schalter zum Ein- und Ausschalten des Mixers zuordnen.
Resultat (Mixer 1) sollte sein: Drehzahlabsenkung links bei Seitenruderausschlag links. 

Widgeon - Foto 14

 
Widgeon - Foto 15

Im zweiten Schritt mischt man den Kanal des rechten Drehzahlstellers ("Slave") gleichfalls mit dem Kanal des Seitenruders ("Master").

Den gleichen Schalter wieder zum Ein- und Ausschalten des Mixers zuordnen.


Resultat (Mixer 2) sollte sein: Drehzahlabsenkung rechts bei Seitenruderausschlag rechts. 


 

Abschließend (Mixer 3) wird der Kanal des linken Drehzahlstellers ("Master") dauerhaft (ohne Schalter!) mit dem Kanal des rechten Drehzahlstellers ("Slave") gemischt (Mischanteil: 100%).

                
Resultat: Linker und rechter Motor laufen syncron bei Bewegung des Gasknüppels und ausgeschaltetem Mischer.


Wichtig: Der Kanal für den rechten Drehzahlsteller sollte softwaremäßig von allen Bedienelementen am Sender entkoppelt sein, er wird ausschließlich über die Mixer angesteuert!

Widgeon - Foto 16

 
Widgeon - Foto 17

Nun kann man zum Manövrieren auf dem Wasser den Mixerschalter auf "Ein" stellen und das Modell ganz lässig mit dem Seitenruderknüppel zur Startstelle dirigieren.


Für den Startlauf und zum Fliegen stellt man den Mischer wieder auf "Aus" und hat ein entkoppeltes Seitenruder und volle Drehzahl auf beiden Motoren.

Tipp: Man kann diese Programmierkonfiguration auch sehr gut als "Trockenübung" mit zwei möglichst baugleichen Servos anstatt der Drehzahlsteller durchspielen.


 

Nach dem Programmieren der Motordifferenzierung und dem Einstellen der Ruderausschläge stand schließlich dem sehnsüchtig erwarteten Erstflug nichts mehr im Weg.

Dieser fand bei nahezu Windstille und auch sonst idealen Bedingungen am frühen Morgen des 08. August 2021 sehr unspektakulär auf dem Viehofner See statt.
Interessanterweise hält das Modell beim Startlauf perfekt die Spur und benötigt kaum mehr als Halbgas zum Abheben.

Wie in einem Testbericht in der FMT 08/2021 für mehr Stabilität empfohlen, habe ich den Modellschwerpunkt etwas nach vorne verlegt:

Widgeon - Foto 18

 
Widgeon - Foto 19

In meinem Fall für die ersten Flüge auf ca 59 mm (statt 63): Erfreulicher Nebeneffekt: Das erleichterte gleichzeitig den Zugang zu meiner Akkubox.

Da das Modell - speziell bei etwas stärkerem Wind - zu unerfreulichen Pumpbewegungen neigte, wurde mit der Schwerpunktlage durch Verschieben des Akkus nach vorne weiter experimentiert.

Die für meinen Geschmack angenehmste Position pendelte sich schließlich bei 57 mm Abstand zur Flügelnase ein.


 

Die Ruderausschläge habe ich nach den "High Rate"-Empfehlungen aus der Anleitung eingestellt und 25 % Expo programmiert, damit entspricht das Modell perfekt meinen "Steuergewohnheiten" und läßt sich "scale-like" durch die Luft bewegen.

Vom Boden aus wirkt die Widgeon übrigens durch ihren bulligen Rumpf deutlich größer als eine 120 cm Schaumwaffel und beeindruckt obendrein durch ihr tolles Flugbild - so macht Wasserfliegen Spaß!

Widgeon - Foto 20

 
Widgeon - Foto 21 Technische Daten:
Spannweite: 1200 mm
Länge: 978 mm
Startgewicht: 1136 g
Motoren: 2 X BL Outrunner 1250 kv
Steller: 2 X Skywalker 30
Prop: 8 X 4,5 Dreiblatt (gegenläufig)
Akku: 3S LiPo 1800
Empfänger: TFR6 FASST 2,4 GHZ
Servos: 4 X 9g
Sonderfunktionen: Differenzierte Motordrehzahlsteuerung, Beleuchtung schaltbar

 
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